Unterwegs im Kloster und Wisentgehege von Hardehausen

Ein Spaziergang durch die Klostergeschichte von Hardehausen

© Steffen Gruss
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Ein sonniger Freitagmorgen scheint mir die beste Zeit zu sein, um die weitläufige Anlage des Klosters Hardehausen zu erkunden. Die ehemalige Zisterzienserabtei in ca. 15 km Entfernung von Warburg wurde im Jahr 1140 gegründet. Sie war sogar die erste Zisterze in Westfalen. Die Zisterzier lehnten die zunehmende Verweltlichung des Benediktinerordens ab und lebten ein strenges und enthaltsames Ordensleben. Im 13. Jahrhundert erlebte das Kloster eine so starke Blütezeit, dass sogar die Zahl der Mönche und Konversen (Ordensmänner ohne Priesterweihe) eingeschränkt werden musste. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Anlage geplündert, zerstört und anschließend in seiner heutigen Form wiederaufgebaut. Im Jahr 1803 wurde das Kloster dann letztendlich aufgelöst und Hardehausen zur landwirtschaftlichen Domäne. 1931 wurde es vom Papst erneut zur Abtei erklärt und schon 1938 durch die Nationalsozialisten wieder aufgelöst und kurzfristig als „Nationalpolitische Erziehungsanstalt“ genutzt. Seit Ende der Kriegszeit wird die Klosteranlage als Jugendhaus und katholische Landvolkshochschule des Erzbistums Paderborn genutzt.

 

An der Seite des Hauptgebäudes befindet sich ein großer Parkplatz, auf dem ich an diesem Morgen mein Fahrrad abstelle und beginne die Anlage zu erkunden. Obwohl es noch recht früh ist, macht die kühle Morgenluft bereits einer angenehmen Wärme Platz und die Sonne strahlt auf den großen Hof des ehemaligen Klosters. Vor dem Eingang zum ehemaligen Konventsgebäude befinden sich eindrucksvolle Statuen verschiedener Würdenträger. Innerhalb des Gebäudes befindet sich unter anderem ein frühgotischer Kreuzgang aus der Zeit des Barocks.

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Ein Stück weiter des Weges in die entgegengesetzte Richtung befinden sich zu meiner linken Seite die Gebäude des Jugendhauses. Unten angekommen stehe ich vor dem Jugendbauernhof, vor dem ein paar Kühe die warme Sonne genießen. Hier sollen Kindern und Jugendlichen die Bedeutung von Natur und Umwelt nähergebracht werden. Durch praktische Erfahrungen mit Tieren und Pflanzen sollen sie sich außerdem der Verantwortung für unsere Umwelt bewusst werden.

 

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Weiter geht´s zum Kornhaus. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde 1723 erbaut und diente ehemals als Getreidespeicher. Heute befinden sich darin eine gemütliche Lounge im Erdgeschoss, eine Sporthalle mit Kletterwand und Lautsprecheranlage und mehrere Gruppenräume. Im modernen Anbau befinden sich Treppe und Aufzug, die das Gebäude barrierefrei machen sollen. Das Gebäude neben dem Kornhaus beherbergt außerdem noch ein Schwimmbad und eine Kegelbahn. Bei so einer Ausstattung bleiben nicht mehr viele Wünsche offen.

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Im ehemaligen Abthaus befinden sich heute die Seminarräume und die Verwaltung der Landvolkshochschule.

 

Hinter dem Kornhaus führt mich ein Pfad zum Ufer eines Sees, der von grünen Bäumen umgeben ist. Am See entlang gehe weiter, bis ich auf die ehemalige Ölmühle stoße. In so einer Mühle können Pflanzen zu Öl für Lebensmittel oder zu Kraftstoffen wie Heizöl verarbeitet werden. Heute kann im Außenbereich der Ölmühle ein gemütlicher Grillabend mit Lagerfeuer verbracht werden und im Innenbereich gibt es eine Musik- und Lichtanlage sowie einen Kamin.

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Aber es ist noch früh am Tag, also leider kein Grillabend für mich. Deshalb mache ich auf den Weg zur Rückseite des Hauptgebäudes, um mir die Michaelskapelle anzuschauen. Die frühgotische Kapelle aus dem 13. Jahrhundert ist das älteste Gebäude des ehemaligen Klosters und diente ursprünglich als Totenkapelle der Mönche. Die verstorbenen Ordensbrüder wurden hier vor ihrer Beerdigung aufgebahrt. Die Kapelle diente außerdem als Ossuarium (Beinhaus), in dem die Gebeine der Verstorbenen aufbewahrt wurden. Heute ist sie für kulturelle Veranstaltungen nutzbar.

 

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Neben der Kapelle befindet sich die Kirche des Klostergeländes. Ursprünglich in den 1960er Jahren gebaut, wurde sie von 2015-2017 komplett restauriert. Für eine freundlichere und moderne Atmosphäre wurden Wände aus Glas errichtet, die viel Licht hereinlassen. Die Räume sollen möglichst viele wirkliche Erfahrungen mit Raum, Wort, Bild und Ton ermöglichen. Auch die bildende Kunst hat hier einen Platz gefunden.

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Auf dem Weg hinter der Michaelskapelle komme ich an einem großen Sportplatz vorbei, auf dem es sich sicher gut austoben lässt. Ich laufe weiter und komme zu dem beeindruckenden Gartenhaus, das nach den Entwürfen des westfälischen Barockbaumeisters Franz Christoph Nagel erbaut wurde. Es wird heute als Orangerie (Garten für Zitruspflanzen) genutzt. Vor dem Gebäude erstreckt sich ein barocker Garten mit verschiedenen Skulpturen.

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Nach so vielen schönen Gebäuden und Sehenswürdigkeiten verabschiede ich mich nun vom Klostergelände. Am Ende möchte ich noch den Zeltplatz erwähnen, der sich neben der Klosteranlage befindet und der unabhängig vom Jugendhaus gebucht werden kann. Die vielen Stimmen und das schallende Lachen, die von dort zu mir herüberschallen machen den Eindruck, dass sich dort eine Menge Spaß erleben lässt. Mir klingt es aber heute ein bisschen zu stark besucht, weshalb ich mich nun mit meinem Rad auf den Weg mache, um die Wisente zu besuchen. 

Zu Besuch bei Wisenten und Tarpanen

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Am Parkplatz des Wisentgeheges angekommen mache ich erst mal eine kurze Pause und stelle fest, dass es so langsam doch ziemlich warm geworden ist. Also halte ich mich etwas im Schatten und mache mich nach einer kurzen Stärkung mit frischer Kraft wieder auf den Weg. Unterwegs werde ich von einer imposanten Wisent-Statue begrüßt.

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Ebenfalls am Anfang des Geländes befindet sich das Waldinformationszentrum Hammerhof. Der Hammerhof stammt aus dem Jahre 1603 und war ursprünglich ein Eisenhammer des Klosters Hardehausen. Das Waldinformationszentrum existiert seit 2004 und ist eine Umweltbildungseinrichtung des Landesbetriebes Wald und Holz NRW unter Leitung Regionalforstamtes Hochstift. In dieser Einrichtung können Schulklassen, Touristen und Fachbesuche an Seminaren, Vorträge, Führungen und Ausstellungen zu den Themen Natur und Umwelt teilnehmen.

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Während ich weiter des Weges radele komme ich zu einer überdachten Brücke mit dem Namen „Wisent-Brücke“. Beim Aussehen der Brücke muss ich unweigerlich an die Legende von „Sleepy Hollow“ denken. Diejenigen, die diese Geschichte kennen wissen jetzt sicher genau warum.

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Ich überquere die Brücke mit dem sicheren Gefühl im strahlenden Sonnenlicht keinen kopflosen Reiter hinter mir zu haben und begegne den ersten Wisenten. Durch den Absperrzaun der 170ha großen Fläche kann ich die majestätischen Tiere beim Grasen beobachten. Ein Stück weiter gibt es eine überdachte Aussichtsplattform, die sogar einen noch besseren Blick bietet. Wisente sind die größten Landtiere Europas und das letzte Tier in freier Wildbahn wurde 1755 in Deutschland geschossen. Das Wisentgehege Hardehausen hat es sich zur Aufgabe gemacht der Nachzucht einen artgerechten und geschützten Lebensraum zu bieten. Und die Tiere machen auch einen glücklichen Eindruck während sie über die sonnige Wiese laufen.

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Auch Tarpane gibt es hier. Diese Wildpferde galten ebenfalls als ausgestorben und sind seit Ende des 19. Jahrhunderts aus der freien Wildbahn verschwunden. Durch eine Rückkreuzung von verschiedenen Pferderassen sollen die Tiere ihren Urwildpferdecharakter zurückerhalten.

Eine Gruppe Wildschweine wohnt ebenfalls auf dem Gelände. Als ich ihrem Gehege näherkomme, schlägt mir direkt der typische Maggi-ähnliche Geruch in die Nase. Allerdings haben die Wildschweine wohl heute ihren freien Tag und liegen teils versteckt und faulenzend in der Sonne. Mit etwas Glück kann man sogar weißes Rotwild entdecken.

So viel Glück habe ich zwar heute leider nicht, aber der Ausflug zum Klostergelände und zum Wisentgehege hat sich trotzdem gelohnt. So mache ich mich jetzt mit guter Laune und mit der Sonne über mir auf den Weg nach Hause.

 

Dauer der gesamten Tour: 3,5 Stunden

Datum der Tour: 23.07.2021

 

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