Das Gebäude Lange Straße 89 ist wohl als Handwerkerhaus anzusprechen mit einer kleinen, westlich liegenden Wirtschaftsdeele. Ackerbau wurde allenfalls noch im Nebenerwerb betrieben. Es handelt sich um einen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreiteten Haustyp, der in dieser Form in Lage nur an diesem Beispiel nachweisbar ist. Hierdurch wird auch die Bedeutung für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse begründet, denn die Deele weist auf die Ausübung eines Handwerks und/oder einen landwirtschaftlichen Nebenerwerb hin.
Hier wird der seit der Erhebung Lages vom Flecken zur Stadt im Jahre 1843 einsetzende Strukturwandel, der charakterisiert wird durch die Entwicklung vom langsam gewachsenen bäuerlichen Marktflecken zur aufstrebenden Industriestadt deutlich. Das Gebäude wurde – möglicherweise aus Ersatzbau eines älteren Bauernhauses – 1853 von einem Malermeister erbaut, der es an seinen Bruder, einen Uhrmacher und Goldschmied, vererbte, da er kinderlos war. Die städtische Bauakte dokumentiert für 1899 den Übergang vom Malermeister an den Uhrmacher, der nach Plänen des damals noch jungen Architekten Gustav Messmann (dem späteren Stadtbaurat) ein Schaufenster einbauen ließ. Ein weiterer Schaufenster-Einbau erfolgte 1922, wobei der Fußboden teilweise tiefer gelegt wurde.
Die geschäftliche Nutzung verdrängte das Wohnen, so dass rückwärtig 1944 ein Schlafzimmer angebaut wurde. Im Jahre 1949 ließ der Uhrmachermeister Wilhelm Krüger seine Reparaturwerkstatt durch einen Anbau an die Rückseite des Hauses vergrößern. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts galt Fachwerk als altmodisch und ein Massivbauideal setzte sich durch. Die Holzverkleidung sollte einen gequaderten Fugenschnitt, also ein massives Erscheinungsbild vortäuschen. Diese neben den verputzten Fassaden ursprünglich häufig durchgeführte Modernisierungsmaßnahme von Fachwerkfassaden ist im Kreis Lippe lediglich in wenigen Beispielen erhalten.
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